Technischer Fortschritt ist eine langwierige Prozedur. Es wird entwickelt, getestet und Testphasen vorgenommen. Die Vorbereitung für den großen Roll-Out des Datennetzes 5G gehört aktuell zu den größten Experimenten, die in Deutschland und Europa umgesetzt werden. Allerdings ist der langsame Fortschritt hierzulande ein Paradebeispiel dafür, dass großflächige Einsätze von neuer Technik nicht zu den Stärken der Bundesregierung zählen.
Die Integration von Technik in den Alltag ist abgeschlossen. Wir bezahlen unsere Einkäufe mit Apps, buchen Fahrkarten über das Smartphone und suchen an neuen Orten nicht nach den schönsten Ausblicken, sondern nach dem besten WLAN. Die Digitalisierung ist Teil unseres Lebens geworden, welches wir mit Messengern oder über Instagram ständig teilen. Was nicht online gestellt wird, ist nicht passiert.
Kritiker streiten darüber, ob diese Entwicklung der Schritt in die richtige Richtung ist. Jeder mag darüber denken, wie er kann und möchte. Tatsache ist jedoch, dass die Wirtschaft und Unterhaltungsbranche Möglichkeiten geschaffen hat, das Leben vielfältiger und abwechslungsreicher zu gestalten. Ein wichtiger Part in einer Welt, die schnelllebig ist und innerhalb von Sekunden Trends kreieren kann. Um an diesem schnellen Fluss neuer Geschehnisse teilzuhaben, ist ein entsprechendes Datennetz notwendig. Mit LTE, welches als 4G auch bezeichnet wird, stoßen bereits jetzt Anwendungen an ihre Grenze der Kapazitäten. Die Lösung ist das neue 5G-Netzwerk, welches ab 2020 flächendecken in Deutschland verfügbar sein soll.
Die Versteigerung der Bandbreiten wurde in diesem Frühjahr abgeschlossen. Die Zuschläge gingen unter anderem an Télefonica, Drillisch, Vodafone und die Telekom. Die Vorgabe ist somit abgeschlossen. Aber wie steht es um die Aktivierung der neuen Leitungen, die eine schnellere Datenverbindung versprechen?
Schrittweise Umsetzung
Dank der hohen Netzgeschwindigkeit von LTE, welches mit bis zu 3000 Mbit/Sekunde den Standard der derzeitigen Anwendungen darstellt, ist Videotelefonie, Streaming von Filmen oder das Versenden größer Dateien kein Problem. Die Nutzung von Mobiltelefonen ist aus dem heutigen Alltag nicht mehr wegzudenken. Über Netflix oder Amazon werden auf Zugfahrten ganze Filme gestreamt, Remote Worker haben das klassische Büro gegen ihren Lieblingsort ausgetauscht und Spielautomaten online spielen oder Multiplayer-Games werden von unterwegs gezockt. Je mehr Menschen sich diesem Trend anschließen, umso enger geraten die aktuellen Leitungen.
Mit 5G soll das LTE-Netz erweitert werden. Eine Abschaffung von LTE ist keineswegs geplant, sondern der Aufbau auf diese bestehende Struktur. Das neuartige Erlebnis für Kunden verspricht noch schnelleren Datenaustausch und reibungsloses Streaming mit bis zu 100facher Schnelligkeit. Ein guter Ansatz, der für automatisierte Produktionsprozesse und die Vernetzung weiterer Lebensbereiche unumgänglich ist.
China, Schweiz und Südkorea haben das neue Netz bereits in Betrieb genommen. In Deutschland können nur einige Testzonen von dem neuartigen Datennetz profitieren. Grund ist der fehlende Ausbau der Basisstation, die notwendig sind. Trotz der Vergabe der Lizenzen hängt es an der logistischen Umsetzung. Das bedeutet: Anbieter wie Telekom bieten bereits Pakete und Verträge mit 5G-Geschwindigkeit an. Ob der Kunde das neue Produkt bereits nutzen kann, ist jedoch nicht gesichert.
Leuchtturmprojekt hinkt hinterher
Die Bundesregierung schrieb sich den Ausbau des 5G-Netzes als Prestigeprojekt auf die Fahne. Doch der schleppende Ausbau lässt ahnen, dass man mit den umfangreichen Maßnahmen und Kosten nicht realistisch kalkulierte. Zwar ist ein Fiasko ähnlich dem Flughafen Berlin-Brandenburg nicht zu befürchten, doch anhand der Digitalisierung zeigt sich, dass Deutschland zwar den neuesten Standard möchte aber ungern investieren will.
Von den Kosten überrascht und dem Aufwand, der noch auf die Verantwortlichen zukommt, stagniert die 54G-Ausweitung aktuell. Es fehlt an Fachwissen und Geldern, die das Projekt auf Vordermann bringen könnten. Die Digitalberater der Bundesregierung halten mit ihren Erkenntnissen nicht hinter dem Berg, doch bleibt nicht mehr als ein Aufzeigen, was derzeit falsch läuft.
Dabei ist ein Blick auf die Nachbarn in der Schweiz hilfreich. Dort wurde das 5G-Netz bereits mit neuen Geschwindigkeitsrekorden gefeiert. Bis zu 3,67 Gigabyte pro Sekunde verzeichnete der Mobilfunkanbieter Sunrise Communication in Zürich. Eine Geschwindigkeit, von der hierzulande nur geträumt werden kann.
Festhalten an alten Techniken
Neben den hohen Kosten lässt ein anderer Grund den Ausbau des 5G-Netzes stagnieren. In Deutschland halten derzeit noch über die Hälfte der Mobiltelefon-Nutzer an 3G-Simkarten fest. Die Entwicklung des veralteten Netzes wird schon länger nicht mehr unterstützt. Es funktioniert solide, doch die neuen Entwicklungen im Mobilfunk-Bereich bauen nicht mehr darauf auf.
Zum Ende des vergangenen Jahres nutzen noch 43 Prozent der aktiven SIM-Karten das 3G-Netz. Für die Zukunft bedeutet dies, dass ein knapper Großteil der Bevölkerung Gefahr läuft, ihr Mobiltelefon nicht mehr nutzen können. Diese Befürchtung wird nicht in den nächsten zwei Jahren eintreffen, aber sie wird kommen. Denn auch die Mobilfunkanbieter werden den Vertrieb dieser Verträge früher oder später beenden und ausschließlich LTE und 5G-Pakete anbieten.
Millionen von 3G-Nutzer sehen sich somit einer Veränderung konfrontiert. Wenn die Vorgabe der Bundesnetzagentur Bestand hat, soll bis Ende 2019 deutschlandweit der Ausbau von Leitungen bis zu 50 Megabit pro Sekunde beendet sein. Die 3G-Netze würden damit an ihre Grenzen stoßen. Gleichzeitig hängt der 5G-Ausbau von den alten 3G-Leitungen ab. Diese blockieren nämlich bestehende Ressourcen, die für die neue Datenrate genutzt werden könnten.
Fortschritte außerhalb der Technik nötig
Verständlicherweise will kein Anbieter seine Kunden verärgern und die bestehende Nutzung des 3G-Netzes alternativlos kappen. Doch für das weitere Vorankommen hinsichtlich des 5G-Netzes muss entweder die Bundesregierung eine Entscheidung treffen oder die Wirtschaft den nächsten Schritt gehen. Aktuell verharren beide Positionen in der Annahme, dass der andere Projektpartner die nächste Richtung vorgibt.
Die Technik dagegen wartet nur auf ihren Einsatz. Somit zeigt sich, dass der Fortschritt einen Schritt voraus ist im Gegensatz zum Menschen. Wer behauptet, dass die Technik uns damit schon überholt hat, könnte somit Recht behalten.
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